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Updates
11.7.2025

Schuldknechtschaft in Berlin

Veranstaltungsbericht

Am 10. Juli 2025 fand in Berlin die Veranstaltung Ausbeutung per App statt. Es ging um die Arbeitsbedingungen bei den Essenslieferdienste in Berlin und den Widerstand der Rider.

Die Fahrer*innen kommen überwiegend aus Indien und Pakistan und leben hier in Berlin in Schuldknechtschaft. Da ein Studentenvisum für sie die einzige Möglichkeit ist, um in Deutschland zu arbeiten, schreiben sie sich bei zweifelhaften Privatuniversitäten ein, die 15.000 Euro Gebühren im Jahr verlangen. Mit dem Studentenvisum liefern sie dann in Berlin Essen aus. Die Platformen Wolt und UberEats stellen die Rider nicht direkt ein, sondern über Fleet-Partner, die auf den Namen von Leuten laufen, die Geld dafür bekommen, dass sie ihren Namen und ihren Personalausweis für das Geschäft hergeben. Sobald das Finanzamt eine Steuererklärung sehen will, wird die GbR aufgelöst und ein neuer Name wird verwendet. Falsche Lohnabrechnungen sind selbstverständlich an der Tagesordnung und die Rider wissen, dass sie ihren Job verloren haben, wenn sie sich nicht mehr in die App einloggen können.

Widerstand
Der wilde Streik der Gorillas Fahrer 2021 hat damit geendet, dass alle ihren Job verloren haben. Das wird also nicht als Option angesehen. Die NGG zeigt aktuell kein Interesse an den Ridern. Die einzige Anlaufstelle, die die Fahrer*innen de facto in Berlin haben, ist das Lieferando Workers' Collective. Sie kümmern sich auch um Wolt und UberEats Fahrer. Die stellen die Mehrheit im Betriebsrat bei Lieferando und haben freigestellte Leute und ein Büro. Lieferando war bisher der beste Arbeitgeber in Berlin unter den Essenslieferdiensten, weil er die Leute direkt angestellt hat. Jetzt werden die Leute gerade entlassen und danach zuhause aufgesucht oder angerufen, mit dem Angebot, bei einem Subunternehmer anzuheuern und weiter für Lieferando zu arbeiten (!).

Der Fall Wolt
Etwa 200 Rider, die über einen Fleetpartner angestellt für Wolt gearbeitet haben, wurden zwischen November 2022 und Januar 2023 nicht bezahlt, drei davon haben Wolt verklagt, ein Verfahren läuft noch, weil die Klägerin den Vergleich von 2.000 Euro abgelehnt hat. Man hofft auf die nächsthöhere Instanz, das Landesarbeitsgericht.

Behörden
Sowohl der Zoll als auch die Arbeitsgerichte sagen, ihnen fehlen handfeste Beweise und Namen, um gegen die Fleetpartner vorgehen zu können. Es gab bisher noch keine Zeitung, die investigativ vorgegangen und harte Fakten zusammengetragen hat, obwohl das Medieninteresse immens ist.

Wir werden die Aufzeichnung der Veranstaltung auf Labournet TV veröffentlichen. Am Ende der Veranstaltung haben sich die folgenden Institutionen, Initiativen und Gruppen vorgestellt, die in Berlin Arbeitskämpfe unterstützen:

Stiftung Menschenwürde und Arbeitswelt
Payday
Berlin Workers' Support
Lieferando Workers' Collective
Migrant Labour Solidarity Movement
Initiative kämpfender Arbeiter:innen
Betriebsrats-Stammtisch
Migranten für menschenwürdige Arbeit

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